Bericht: EPNA-Workshop in Łódź, 10.-12. Juni 2024
Mehr Liberalismus, weniger Antisemitismus? In Zeiten politischer Veränderungen: Zuverlässige Partner für Europas pluralistische Zukunft finden
Das European Practitioners Network Against Antisemitism (EPNA) hielt sein drittes Treffen in Łódź, Polen, vom 10. bis 12. Juni 2024 ab. Die Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit dem Marek Edelman Dialogue Center stattfand, brachte 30 Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen aus neun europäischen Ländern zusammen, um die Zusammenhänge zwischen der Funktionsweise liberaler Demokratien und dem Vorherrschen von Antisemitismus in der Gesellschaft zu analysieren. Der Workshop lieferte Beispiele dafür, wie Antisemitismus zur Spaltung von Gesellschaften eingesetzt wird, insbesondere in eher illiberalen Demokratien.
Wichtige Diskussionen und Einsichten
Angesichts der jüngsten EU-Wahlergebnisse und des Aufstiegs rechtspopulistischer Parteien war die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Bündnisse ein Schwerpunktthema. Der Workshop beleuchtete Polens politische, soziale und rechtliche Rahmenbedingungen, besonders nach der Wahl von Donald Tusk und seinen Bemühungen, die durch die PiS-Partei in die Wege geleiteten autoritären politischen Entscheidungen rückabzuwickeln. Dabei wurde betont, wie wichtig demokratische Prinzipien für den erfolgreichen Kampf gegen Antisemitismus sind.
Überwindung autoritärer Strukturen
Jakub Jaraczewski von Democracy Reporting International hob die Herausforderungen hervor, vor denen die polnische Regierung bei der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit steht. Er betonte die Widerstandsfähigkeit der dezentralisierten polnischen Zivilgesellschaft, die beim politischen Wandel im vergangenen Jahr eine entscheidende Rolle spielte. In der Diskussion wurde auch Polens Status als „monokulturelle“ Gesellschaft hervorgehoben, was eine Herausforderung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt darstellt. Als Beispiele wurden u.a. anti-ukrainische Stimmungen und fremdenfeindliche Verschwörungstheorien genannt, von denen viele antisemitische Elemente enthalten.
Status Quo des Antisemitismus in Polen
Anna Zielinska von der Czulent Jewish Association berichtete von einem Anna Zielinska von der Czulent Jewish Association berichtete von einem dramatischen Anstieg antisemitischer Vorfälle seit Oktober 2023, wobei 90,5 % davon online stattfanden. Das EPNA-Netzwerk betonte, dass die lokalen und nationalen politischen Entscheidungsträger Polens sowie die Zivilgesellschaft entschlossen handeln müssen, um dieses wachsende Problem anzugehen.
Definitionen und Kontroversen
In einer kritischen Diskussion wurden die verschiedenen Definitionen von Antisemitismus erörtert. Im Mittelpunkt dieser Sitzung stand die Frage, ob diese Definitionen für Praktiker*innen, die vor Ort tätig sind, hilfreich sind, wobei die Komplexität und die Nuancen im Verständnis und in der Auseinandersetzung mit antisemitischen Ideologien hervorgehoben wurden.
Vernetzung
Der Workshop ermöglichte einen praxisorientierten Austausch zwischen europäischen Praktiker*innen. Vertreter*innen von Organisationen wie Wolny Klub Sportowy, Never Again Association und Czulent Jewish Association teilten ihre Erfahrungen und Strategien mit den Teilnehmenden. Diese Sitzungen, die als „practitioners meet“, bezeichnet werden, förderten die strategische Zusammenarbeit und intensive Diskussionen in kleinen Gruppen, wobei Wissen durch den Austausch bewährter Verfahren weitergegeben wurde.




Kulturelles und historisches Engagement
Die Teilnehmenden nahmen an einer Führung durch das Stadtzentrum von Łódź teil, bei der sie die jüngsten Veränderungen der Stadt beobachteten und die Stätten des ehemaligen jüdischen Viertels besuchten, das von den Nazis im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. Nach dem Workshop führte Jolanta Lechowska-Białecka vom Marek-Edelman-Dialogzentrum einige Teilnehmenden noch durch das Dialogzentrum und den jüdischen Friedhof von Łódź und gab weitere Einblicke in das lokale jüdische Erbe der Stadt.





Fazit
Der Workshop war ein Erfolg, der die Verbindungen zwischen den EPNA-Mitgliedern gestärkt und ihre gemeinsamen Bemühungen gegen Antisemitismus vorangetrieben hat. Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung von demokratischen Werten und Strukturen wie der Rechtsstaatlichkeit bei der Bekämpfung von Hass und der Förderung einer pluralistischen Gesellschaft.
Das nächste EPNA-Treffen wird im Herbst 2024 in Serbien stattfinden und die Aufgabe des Netzwerks fortsetzen, die Zusammenarbeit zu fördern und Fachwissen im Kampf gegen Antisemitismus auszutauschen.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Florian Eisheuer
Email: practitionersnetwork@dialogueperspectives.org
Website: www.against-antisemit.eu