CPPD | Rückblick: Europäischer Kongress »Memory Matters« | Deutsch-Spanische Kulturbegegnung: Memorias | Erinnerungen

Die Aushandlung einer gemeinsamen Europäischen Erinnerungskultur eröffnet neue Perspektiven in nationalen erinnerungspolitischen Diskursen. Das ist eine zentrale Erkenntnis der Kulturbegegnung »Memorias | Erinnerungen« in Madrid. In Anbetracht der demokratischen Krise in Europa liegt ein Schlüssel für die Stärkung Europas in der Frage, wer wir als Europäer*innen sind und sein möchten. Eine  gemeinsame Pluralisierung der Erinnerungskultur kann Zusammenhalt und Demokratie entscheidend befördern.


Seit 2021 arbeitet die Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD) als kollaboratives Netzwerk mit über 200 Partner*innen an künstlerischen, zivilgesellschaftlichen und bildungspolitischen Konzepten für ein pluralistisches gesellschaftliches Erinnern in Deutschland und Europa. Zentraler Bestandteil dieser Arbeit ist die Festivalreihe »Memory Matters«, die 2024 an vier deutschen und zwei europäischen Städten stattfindet, darunter auch der Europäische Kongress in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Madrid und dem Instituto Cervantes.

Der Soziologe Emilio Silva Barrera, Gründer der Vereinigung zur Wiedererlangung des Historischen Gedächtnisses (ARMH), sowie Dr. Max Czollek, Autor und Kurator der CPPD, tauschten sich über die Förderung politischer Aktionen aus, die vielfältige Perspektiven in den offiziellen Erinnerungsdiskurs einbinden. Czollek verwies auf die deutsche Erinnerungspolitik, die eine eindimensionale Erzählung der Wiedergutmachung inszeniert, während Silva hervorhob, dass in Spanien das Bedürfnis nach Aufarbeitung sowohl der Franco-Diktatur als auch des Bürgerkrieges wächst. Beide appellierten an die zivilgesellschaftliche Stärke, die Widerstand gegen politische Realitäten und Gewalt leisten kann.

Loreto Urraca, die spanische Vertreterin des Kollektivs „Ungehorsame Geschichten, Angehörige von Völkermördern für Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit“, veranschaulicht, wie Menschen jenseits des akademischen Diskurses erinnerungspolitisch aktiviert werden können, indem sie ihre persönliche Familiengeschichte in den Mittelpunkt ihres Aktivismus stellt. Noa K. Ha lenkt die Aufmerksamkeit des zahlreich erschienenen Publikums auf die postkoloniale Wahrnehmung des öffentlichen Stadtraums.

Mit Tunay Önder, Julia Cortegana de la Fuente, Victorino Mayoral Cortésund Jo Frank stellten vier Vertreter*innen von Bildungs- und Kulturinitiativen unterschiedliche Projekte zur Vermittlung pluraler Erinnerungskultur vor. Ob Dokumentartheater, politische Bildungsprojekte, öffentliche digitale Erinnerungsarchive oder solidarische Netzwerke zur pluralen Erinnerungskultur – alle plädierten für den Ausbau der europäischen Vernetzung. Die Notwendigkeit zur europäischen Zusammenhalt wurde noch einmal durch globale Konflikte unterstrichen: So hat auch der Krieg im Nahen Osten, der enorme erinnerungspolitische Implikationen hat, die Diskussionen vor Ort beeinflusst.

 

Ein Highlight des Festivals war die Eröffnung des Dynamic Memory Lab im Garten des Goethe-Instituts. CPPD-Vorstand Hannan Salamat, Kelly Laubinger, Gründerin der Sinti Union Schleswig-Holstein, sowie der regionale Kurator und erste Abgeordnete der Gitanos-Community in der Madrider Regionalregierung, Gitano-Aktivist Samuel Escudero, setzten sich für eine stärkere Sichtbarmachung marginalisierter Communities wie der spanischen Sinti* und Roma* im öffentlichen Raum in Europa ein, indem sie die Vermittlung und Anerkennung individueller Geschichten und historischer Ereignisse betonten.

Für die Gestaltung einer pluralen europäischen Zukunft sind Formate des internationalen Dialogs von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglichen es, voneinander zu lernen, gemeinsame Herausforderungen zu erkennen und neue Impulse für die europäische Erinnerungskultur zu setzen. Die diversen Veranstaltungen in Madrid waren Teil der Festivalreihe »Memory Matters« der CPPD, die 2024 in vier deutschen und zwei europäischen Städten mit Veranstaltungen, Workshops, künstlerischen Positionen und Diskussionen realisiert wurde.

Am 19. Oktober findet das Abschlussfestival 2024 unter dem Titel „Wie weiter? Gegenwart Erinnern:  Der 24. Februar, der 7. Oktober & der 9. Juni“ in der Akademie der Künste Berlin statt.

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