Future 500 | Rückblick: European Leadership Workshop 2025

Future 500 European Leadership Workshop 2025
Plurality in Europe – Venice as a Case Study for Interreligious and Worldview Relations

7.-11. Oktober 2025
Ort: Venedig, Italien
DialoguePerspectives e.V. in Partnerschaft mit dem Centro Tedesco di Studi Veneziani

Europas Fähigkeit, religiöse und kulturelle Pluralität zu gestalten, wird grundlegend über seine zukünftige Stabilität und seinen Zusammenhalt entscheiden. Der Future 500 European Leadership Workshop 2025 nutzte Venedigs historische Erfahrung mit religiöser und kultureller Vielfalt als methodischen Rahmen zur Untersuchung gegenwärtiger interreligiöser und weltanschaulicher Beziehungen und demonstrierte, dass historische Präzedenzfälle unverzichtbare Orientierung für die Bewältigung heutiger Herausforderungen bieten. Das Programm versammelte 20 gegenwärtige und künftige europäische Führungspersönlichkeiten mit vielfältigen beruflichen, geografischen und fachlichen Hintergründen zu einer intensiven kollaborativen Analyse historischer Modelle und ihrer zeitgenössischen Anwendungen. Der Workshop befasste sich mit allen Dimensionen der Arbeit von Future 500: der Untersuchung der Rolle von Religionen und Weltanschauungen in pluralistischen Gesellschaften, der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Erinnerungskulturen und der Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus. Die Ergebnisse belegen, dass das Zusammenbringen pluralistischer Kohorten engagierter Personen mit unterschiedlichen Hintergründen zur Bewältigung gegenwärtiger Herausforderungen durch kollaboratives Lernen und Zusammenarbeit substanzielle Resultate erzielt. Dieser Ansatz stellt ein replizierbares und skalierbares Modell für europäische Zusammenarbeit dar, das Stärkung und Ausweitung verdient.

 

Der Workshop begann mit einer Keynote von Prof. Dr. Rafael Arnold (Universität Rostock), der aufzeigte, wie das Ghetto als Miniaturdarstellung jüdischer Existenz diente – ein Raum, der durch unterschiedliche Herkünfte, Sprachen und religiöse Praktiken definiert war. Führungen durch die Scola Italiana und Scola Spagnola Synagogen offenbarten, wie Venedigs jüdische Bevölkerung ihre einzigartigen Identitäten bewahrte und zugleich aktiv an der öffentlichen Sphäre der Stadt teilnahm. In seiner Präsentation Planetary Ghetto: Past, Present, Future Misunderstandings untersuchte Prof. Dr. Shaul Bassi (Ca‘ Foscari Universität Venedig; Beit Venezia), wie moderner antisemitischer Diskurs auf verfälschten historischen Darstellungen jüdischer Gemeinschaften beruht. Er charakterisierte das Ghetto als dynamisches Zentrum intellektueller Aktivität und Widerstandsfähigkeit und zog Verbindungen zwischen dem Venedig des 16. Jahrhunderts und gegenwärtigen Auseinandersetzungen mit Antisemitismus und klimabedingter Vertreibung. Dr. Francesco Piraino (Cini Foundation) analysierte, wie die muridischen senegalesisch-italienischen Künstler Maïmouna Guerresi und Moulay Niang kreativen Ausdruck mit spiritueller Auseinandersetzung verbinden, um Rassismus und Sexismus zu konfrontieren. Mit Verweis auf Venedigs multireligiöses Erbe – einschließlich jüdischer, armenischer und christlicher Bevölkerungen, die Seite an Seite lebten – illustrierte er die Fähigkeit der Kunst, theologische und kulturelle Unterschiede zu überbrücken. Der in Berlin lebende Schriftsteller Deniz Utlu las aus seinem Roman „Vaters Meer“ und diskutierte mit Petra Schäfer (Centro Tedesco di Studi Veneziani), wie individuelle und kollektive Erinnerungen an Migration und Identität sich überschneiden und den Dialog in pluralistischen Gesellschaften zu bereichern. Matteo Gabrielli leitete eine Führung, die Venedigs historische Ansätze zum Umgang mit Vielfalt hervorhob: selbstverwaltete, aber verbundene Gemeinschaften, zunftbasierte wirtschaftliche Partnerschaft, gerechte Rechtsstrukturen und religiöse Pluralismusmechanismen, die den sozialen Zusammenhalt bewahrten.

     

In einem World-Café-Format präsentierten die Teilnehmer*innen ihre eigenen Projekte, vertieften die Kontextualisierung der Workshop-Themen durch praktische Beispiele und förderten disziplinübergreifenden Dialog. Im gesamten Programm waren die Diskussionen durchdrungen vom Bewusstsein für drängende zeitgenössische Herausforderungen: die allgegenwärtige Klimakrise und ihre Auswirkungen auf Vertreibung und sozialen Zusammenhalt sowie das im Nahen Osten in Vorbereitung befindliche Friedensabkommen, das einen aktuellen Hintergrund für Reflexionen über Dialog und Konfliktlösung bot.

Vier Kernprinzipien kristallisierten sich in diesen Sitzungen heraus:

  1. Institutionen sollten Vielfalt ermöglichen und gleichzeitig bürgerliche Identität fördern.
  2. Kultureller Dialog gelingt auch innerhalb hierarchischer Strukturen; die Demokratisierung dieser Strukturen kann soziale Transformation katalysieren.
  3. Wirtschaftliche gegenseitige Abhängigkeit fördert kollaborative Beziehungen.
  4. Separate Identitäten können innerhalb gemeinsamer bürgerlicher Rahmenstrukturen harmonisch existieren.

     

Die 20 Teilnehmer*innen – aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Kunst und religiösen Institutionen – wendeten diese Erkenntnisse an, um ein kollaboratives Policy Paper weiterzuentwickeln: Strengthening European Unity Through Faith and Worldview Engagement. Dieses Policy Paper überträgt historisches Lernen in konkrete Vorschläge in vier Bereichen: Partnerschaft mit Glaubensgemeinschaften zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und Harmonisierung religiöser Vielfalt mit kollektiven Prinzipien, Umgang mit Erinnerungskulturen, Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus. Die Ergebnisse werden Ende 2025 im DialoguePerspectives e.V. Bericht veröffentlicht und bieten praktische Orientierung für politische Entscheidungsträger*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie religiöse Gemeinschaften in ganz Europa.

Der Workshop bekräftigte, dass historische Einsicht für zeitgenössischen Pluralismus notwendig bleibt: Venedigs jahrhundertelange Erfahrung offenbart sowohl das Versprechen als auch die Komplexität des Zusammenlebens mit Differenz. Das entstehende Netzwerk von Führungspersönlichkeiten wird diese Einsichten weiterhin in ganz Europa vorantreiben und die Mission von Future 500 verstärken, Einheit durch Vielfalt zu stärken.

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