Die Zustimmung Europas zum rasanten Backlash markiert eine Zeitenwende. Antisemitismus, Rassismus, Frauen- und Queerfeindlichkeit sowie die Verachtung der Demokratie sind nicht einfach nur normalisiert – sie spiegeln den Willen großer Teile der Gesellschaft wider.
Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik sind untrennbar mit dieser Zeitenwende des gesellschaftlichen Backlashs verbunden. Durch das Erinnern an historisches Versagen von Menschlichkeit, an Zerstörung, Verbrechen, Krieg und Leid soll gesellschaftliches Lernen ermöglicht werden. Erinnern ist dabei nicht bloß ein Akt des Gedenkens, sondern eine Methode des Einübens von Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität. Dies ist der gesellschaftliche Auftrag der Erinnerung – zumindest wenn „Nie Wieder“ mehr sein soll als eine hohle Parole. Doch angesichts der aktuellen Entwicklungen, die sich eher einem „Immer Wieder“ annähern, stellt sich die Frage, was von diesem Versprechen der Nachkriegszeit tatsächlich noch übrig ist.
Die Krise des Vertrauens in die Erinnerungskultur macht deutlich: Der gesellschaftlichen Zeitenwende des Backlashs muss eine widerständige Erinnerungskultur der Zivilgesellschaft entgegengesetzt werden – eine Kultur, die nicht nur bewahrt, sondern aktiv gestaltet. Wenn nötig, auch gegen eine zunehmend autoritäre Politik.
Anlässlich des Europäischen Kongress 2025 widmet sich die Coalition for Pluralistic Public der europäischen Zeitenwende und diskutiert gemeinsam mit europäischen Künstler*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen aus aus dem CPPD Netzwerk sowie mit europäischen Partner*innen Wege des Widerstands.
Diese Veranstaltungen finden im Rahmen des Europäischen Kongresses statt:
Die Zustimmung Europas zum rasanten Backlash: Das ist die Zeitenwende. Antisemitismus, Rassismus, Frauen- und Queerfeindlichkeit, Demokratieverachtung sind nicht normalisiert – sie sind Volkes Wille. Der Zeitenwende des gesellschaftlichen Backlash muss eine Erinnerungskultur der widerständigen Zivilgesellschaft folgen. Eine Erinnerungskultur, die Ausdruck eines Willens zur Gestaltung wird, notfalls gegen eine zunehmend autoritärere Politik.
Am 14. März 2025 widmet sich die Coalition for Pluralistic Public Discourse im Studio Я der europäischen Zeitenwende und diskutiert Wege des Widerstands.
Mit Max Czollek, Cátia Severino, Noa K. Ha, Gilda Sahebi und weiteren Gästen
Mit künstlerischen Beiträgen von Ricardo Domeneck und Zselyke Z. Tarnai.
Laudatio von Hannan Salamat auf Elianna Renner I Omanut-Zwillenberg-Förderpreis 2024
„Liebe Anwesende, liebe Elianna,
Es ist mir eine grosse Freude, heute eine Künstlerin zu würdigen, deren Werk weit über Kunst hinausgeht. Elianna Renner bewegt sich nicht nur an der Schnittstelle von Biografie und Geschichte, sie gestaltet Leerstellen – Leerstellen zwischen Menschen, zwischen Erinnerungen und, besonders wichtig, zwischen Gemeinschaften, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft gegeneinander ausgespielt werden: jüdischen und muslimischen Communities.
Meine Verbindung zu Elianna begann Anfang 2024, in einer Zeit grosser Unsicherheit und Anspannung, nur wenige Monate nach dem 7. Oktober. Es war mir damals ein Bedürfnis, ein Shabbat-Essen mit Freund:innen in Berlin zu organisieren, um in dieser schwierigen Zeit einen Moment der Gemeinschaft zu schaffen. Einer der Gäste war Daniel Laufer, ein Filmemacher und Künstler, der beim Transalpinen Festival 2022 bei uns in Zürich zu Gast war.
In einem unserer Gespräche erzählte ich ihm, wie schwer es mir fällt, jüdische Künstler:innen aus der Schweiz zu finden, die ähnliche Themen bearbeiten wie wir bei not_your_bubble – Themen wie Identität, Erinnerung und die Frage, wie Zugehörigkeit und Verbundenheit entstehen. Daniel sagte: „Ich kenne da jemanden.“
Wenig später war der Kontakt zu Elianna hergestellt, und seitdem ist ein lebendiger Dialog zwischen uns entstanden – über Kunst als Mittel der Begegnung und darüber, wie wir gemeinsame Projekte entwickeln können, die jenseits der klassischen Trennlinien jüdisch-muslimischer Identität ansetzen.
Was mich sofort an Elianna beeindruckt hat, ist ihr tiefes Verständnis dafür, dass Erinnern keine statische Angelegenheit ist. Sie schafft Orte und Räume, in denen Geschichte lebendig wird – nicht nur, um die Vergangenheit zu bewahren, sondern auch, um sie für die Gegenwart fruchtbar zu machen. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das in ihrem Projekt Köfte Kosher, das sie in Bremen ins Leben gerufen hat.
Köfte Kosher begann als jüdisch-muslimisches Jugendprojekt und entwickelte sich zu einem der sichtbarsten künstlerischen Erinnerungsorte in der Bremer Innenstadt. Mit Jugendlichen schuf Elianna einen Gedenkpavillon, der an zwölf Menschen erinnert, die aufgrund ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, einer Behinderung oder weil sie obdachlos waren, ermordet wurden. Darunter ist auch Marwa El-Sherbini, die 2009 im Landgericht Dresden aus islamfeindlichen Motiven ermordet wurde.
Elianna zeigte nicht nur, wie wichtig es ist, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, sondern auch, wie man junge Menschen für Themen wie Zivilcourage und den Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sensibilisieren kann.
Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel ihrer Arbeit ist das Projekt Tracking the Traffic, in dem Elianna historische und aktuelle Formen des Frauenhandels beleuchtet. Ausgangspunkt war ihre umfangreiche Recherche zur Geschichte des jüdischen Zuhälterrings Zwi Migdal, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Frauen aus Osteuropa in die Prostitution zwang. Elianna bereiste dafür mehrere Kontinente, sprach mit Historiker:innen und Künstler:innen und schuf multimediale Installationen, die die oft vergessenen Biografien dieser Frauen sichtbar machen.
Besonders berührend ist die persönliche Dimension des Projekts: In Buenos Aires initiierte Elianna eine Gedenkzeremonie für Raquel Liberman, die als einzige Frau der Geschichte einen Zuhälterring vor Gericht brachte. Dadurch wurde nicht nur ein verwilderter Friedhof zu einem Ort der Erinnerung, sondern auch ein kollektiver Raum geschaffen, der Vergessenes ins Bewusstsein ruft.
In Eliannas Arbeit geht es immer auch um die Frage: Wie erinnern wir – und wem gehört die Erinnerung? Sie fordert uns heraus, unsere Komfortzonen zu verlassen und uns mit der oft unbequemen Wahrheit auseinanderzusetzen, dass Erinnerung politisch ist. Sie macht deutlich, dass Erinnern nicht nur Rückblick bedeutet, sondern auch Verantwortung – Verantwortung dafür, wie wir die Vergangenheit in der Gegenwart verhandeln und wie wir für die Zukunft daraus lernen können.
In einer Zeit, in der jüdisch-muslimische Beziehungen oft durch Polarisierung und Vorurteile belastet sind, setzt Elianna mit ihrer Arbeit ein Zeichen der Hoffnung. Sie zeigt, dass Kunst ein gemeinsamer Raum sein kann – ein Raum, der Brücken baut, wo andere nur Gräben sehen.
Elianna, du lehrst uns mit deinem Werk, dass Zugehörigkeit und Gemeinschaft nichts ist, das einfach da ist – Zugehörigkeit und Gemeinschaft ist etwas, das wir gemeinsam erschaffen. Du zeigst uns, dass wir nicht an bestehenden Trennlinien festhalten müssen, sondern neue Räume des Dialogs und der Begegnung schaffen können.
Dass du dafür heute mit dem Omanut-Zwillenberg-Förderpreis 2024 ausgezeichnet wirst, ist mehr als verdient. Deine Arbeit erinnert uns daran, dass Geschichte niemals nur eine Abfolge von Daten und Fakten ist – Geschichte ist lebendig, sie wird von Menschen erzählt und gestaltet, und sie lebt in den Geschichten, die wir miteinander teilen.
Liebe Elianna, ich danke dir für dein Engagement, für deinen Mut, dich den schwierigen Themen zu stellen, und für deine unermüdliche Arbeit, Räume zu schaffen, in denen wir einander begegnen können. Ich freue mich sehr auf alles, was wir in Zukunft gemeinsam gestalten werden – auf neue Geschichten, neue Verbindungen und neue Räume der Vielstimmigkeit.
Herzlichen Glückwunsch zu dieser wohlverdienten Auszeichnung!“
16. Januar 2025 vom Vorstandsvorsitzende vom DialoguePerspectives e.V. Hannan Salamat
Die dritte Ausgabe unseres Pluralistischen Gedenkkalenders #Erinnerungsfutur ist nun als Printausgabe verfügbar.
Wir alle sind in diesem Jahr mit Herausforderungen konfrontiert, die allesamt Erinnerungskultur direkt betreffen. Die Wahlerfolge und das Erstarken rechtsextremer und faschistischer Kräfte in Europa, der andauernde Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der terroristische Angriff der Hamas auf Israel sowie der andauernde und sich ausweitende Krieg in Gaza, im Libanon, mit dem Iran, die sich verschiebenden globalen Dynamiken hin zu Autokratie und Menschenfeindlichkeit, die zuletzt durch die Wiederwahl eines verurteilten Kriminellen zum Präsidenten der USA sichtbar wird.
Unter der Last dieser und so vieler weiterer Ereignisse erleben wir tagtäglich, wie zivilgesellschaftliche Bündnisse und Allianzen zerbrechen – durch fehlende Solidarität, aktive Entsolidarisierung und fehlende Empathie. Marginalisierte Gruppen werden gegeneinander ausgespielt – und spielen sich gegenseitig aus. Zu einem entscheidenden Zeitpunkt werden die gemeinsamen Visionen für unsere plurale Gesellschaft und ein solidarisches Europa empfindlich geschwächt – und die Homogenitätsfantasien rechtsextremer Kräfte und ihre Vorstellung vom Kampf als zentraler Idee der Politik werden gestärkt.
Die Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD) und ihre Partner*innen sind hier eine Ausnahme. In einer Zeit, in der wir dafür kämpfen, dass Räume erhalten bleiben, baut die CPPD ihre Räume noch weiter aus. Im Angesicht des Zusammenbruchs setzen wir auf Zusammenarbeit. An den kollaborativen, an den pluralen, an den dialogbasierten Ansätzen unserer Arbeit hat sich im vergangenen Jahr vor allem eines geändert: Wir haben unser Engagement verstärkt, gerade weil an so vielen Stellen in der Zivilgesellschaft, im Diskurs, so tief klaffende Lücken sichtbar wurden oder sich neu und tiefer aufgetan haben. Denn darin besteht unsere Arbeit: Unser bestes darauf zu richten, dass die antidemokratischen und völkischen Kräfte nicht das tun, was sie sich wünschen und was sie offen versprechen: die Abschaffung der pluralen Demokratie.
So plural unsere Gesellschaften sind, so plural sind die Erinnerungsmomente, so plural muss auch Erinnerungskultur gestaltet werden. Erst dann, wenn wir uns die Vergangenheit als komplexes Netz an Erinnerungsmomenten denken, werden wir ihr gerecht. Und damit auch der Gegenwart, die ja heute mehr als zu Beginn unserer Arbeit bedroht ist von einer Rückkehr der Traditionen der Gewalt. Pluralität bedeutet, auch für die deutsche und europäische Erinnerungskultur, sich immer wieder dieser Gleichzeitigkeit und teils auch Ambivalenz bewusst zu werden und sich ihnen zu stellen. Gerade dann, wenn wir verstehen, wie sehr wir mit der Vergangenheit immer auch die Gegenwart erinnern – ihre Konflikte, Kämpfe und gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse.
Für diese Gleichzeitigkeit steht auch der Plurale Gedenkkalender #Erinnerungsfutur. Er versammelt Beiträge von Mitgliedern aus dem CPPD-Netzwerk und Gastautor*innen, die in journalistischen Texten, wissenschaftlichen Abhandlungen, Interviews und kreativen Formaten verschiedenste Gedenktage reflektieren und den erinnerungskulturellen Kanon erweitern. Dass der Kalender nun in dritter und erweiterter Ausgabe erscheint, zeigt die Weite erinnerungsrelevanter Themen an den Schnittstellen von Antisemitismus, Ableismus, Rassismus, Queer- und Menschenfeindlichkeit sowie Widerstandsgeschichte und offiziellen Gedenktagen.
Der Plurale Gedenkkalender zeigt eines ganz deutlich: Erinnerungskultur muss sich nach den Menschen in Europa richten, nicht nach einer Vorstellung davon, wie diese Menschen zu sein haben. Pluralität ist nicht das zentrale Problem der Gesellschaft, sondern ihre Grundlage. Es ist unsere feste Überzeugung, dass das auch für die Erinnerungskultur gelten muss: Dass wir die Erinnerung gemeinsam erzählen und nicht allein, weil wir gemeinsam das gestaltet haben– und von dem gestaltet wurden – was wir heute Gegenwart nennen.
Die CPPD ist, wie dieser Gedenkkalender auch, ein Versuchsfeld. Und die Ergebnisse, die wir erzielen, die Einsichten, die wir gewinnen, sind wie das Erinnern selbst: Unabgeschlossen, unvollständig, in dauernden Prozessen der Veränderung. Daher gilt auch für die inzwischen dritte Auflage von »Erinnerungsfutur«: Wir bitten alle Lesenden, uns weitere Gedenktage und Erinnerungsmomente zu nennen, um den Kalender zu ergänzen und gemeinsam fortzuschreiben, denn: Eine resiliente Demokratie kommt ohne eine Plurale Erinnerungskultur nicht aus.
Sie möchten einen Gedenkkalender erhalten? Gegen eine Spende senden wir Ihnen gerne eine Ausgabe zu. Bestellungen können per E-Mail an gedenkkalender@dialogperspektiven.de mit dem Betreff „Bestellung CPPD Gedenkkalender 2025“ und unter Angabe der postalischen Adresse aufgegeben werden.
„Ich lernte sehr viel durch die intensiven Gespräche mit den Kolleg*innen.“
Vom 26. bis 28. November fanden die abschließenden Qualifizierungstage 2024 für Künstler*innen und Bildungsreferent*innen im Rahmen von Dagesh on Tour statt. Der Fokus der Weiterbildung lag auf der Kunstvermittlung für Kinder im Grundschulalter. Zu Beginn des Treffens begrüßten wir Dietmar von der Forst vom Schöneberger Jugendmuseum, der Best-Practice-Beispiele für die Arbeit mit 8- bis 12-Jährigen im außerschulischen Kontext präsentierte.
Am zweiten Tag entdeckten wir die Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin. Dr. Ane Kleine Engel hieß die Gruppe im ANOHA willkommen, führte durch die faszinierende Ausstellung und erläuterte die Entstehungsgeschichte sowie die fortlaufende Arbeit mit Kindern im Kita- und Grundschulalter. Nach dem Rundgang hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit Dr. Kleine Engel über die Vermittlung jüdischer Gegenwartskunst ins Gespräch zu kommen. Eine Bildungsreferentin beschrieb ihre Erfahrungen im ANOHA folgendermaßen: „Der Tag im ANOHA war ein absolutes Highlight. Die Inhalte waren nicht nur unglaublich interessant und wichtig, sondern haben auch auf so vielen Ebenen auf mich gewirkt, dass ich noch lange darüber nachdenken werde.“
Am letzten Tag setzte sich die Gruppe mit der Ausstellung „Rohini Devasher: Borrowed Light“ im Palais Populaire auseinander. Die Kunstvermittlerin Sarah Steiner zeigte auf, wie zeitgenössische Kunstvermittlung für eine junge Zielgruppe gelingen kann. Sie diskutierte zudem mit den teilnehmenden Künstler*innen und Bildungsreferent*innen über Methoden der Workshopkonzeption bei ständig wechselnden Ausstellungsinhalten.
In den letzten Stunden der dreitägigen Weiterbildung hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, unter der Anleitung von Deborah Kohn die erlernten Methoden und Herangehensweisen für die Kunstvermittlung mit Grundschüler*innen zu reflektieren, insbesondere im Hinblick auf Dagesh on Tour 2025.
Wir danken allen eingeladenen Referent*innen für ihre wertvollen Beiträge und den Teilnehmenden für den lebhaften Austausch!
Installationsaufnahmen der Ausstellung: Rohini Devasher – Borrowed Light — Deutsche Bank ‚Artist of the Year‘ 2024 im PalaisPopulaire. Berlin, 09.09.2024
zur Stärkung von trans Stimmen in Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften
Programm-Übersicht:
Das Henri-Vogel-Stipendium erinnert an das Vermächtnis von Henri Vogel, engagierter Transaktivist und geschätztes Mitglied von DialoguePerspectives e.V.
Henris selbstloses Engagement für die Unterstützung von trans Personen innerhalb von Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften inspirierte zur Schaffung dieses Stipendiums. Das Programm zielt darauf ab, junge Wissenschaftler*innen, die sich als trans identifizieren, zu befähigen, zu Rechten von trans Personen zu forschen und damit Henris Vision für positive Veränderungen weiterzuführen.
Details zum Stipendium
Monatliches Stipendium:
Der*die Stipendiat*in erhält für den Zeitraum von 12 Monaten ein monatliches Stipendium in Höhe von 250 €, um ihre*seine Forschungsarbeit finanziell zu unterstützen und so das Vermächtnis von Henri Vogel zu ehren.
Forschungsschwerpunkt:
Das Stipendium bevorzugt Forschungsprojekte, die sich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten für trans Personen innerhalb von Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften befassen und sich an Henri Vogels Engagement orientieren.
Kriterien für die Förderfähigkeit:
Bewerber*innen müssen sich als trans identifizieren.
Bewerber*innen sollten Forschung an der Schnittstelle von Trans-Rechten und Glaubens-/Weltanschauungsgemeinschaften betreiben.
Das Stipendium ist offen für Wissenschaftler*innen aus allen zum Forschungsschwerpunkt passenden, akademischen Disziplinen, die bereits einen Bachelor-Abschluss haben.
Bewerbungsverfahren:
Interessierte Personen reichen bis zum 31.12.2024 neben einem narrativen Lebenslauf einen aussagekräftigen Forschungsvorschlag ein, in dem sie den Umfang, die Ziele und die Methodik ihres Projekts darlegen. Eine persönliche Erklärung, in der die Motivation, der Hintergrund und das Engagement der*s Bewerber*in für die Sache dargelegt werden, ist ebenfalls erforderlich. Empfehlungsschreiben und akademische Abschriften können während des Auswahlverfahrens angefordert werden.
Auswahlausschuss:
Ein Gremium von Expert*innen, darunter Vertreter*innen aus dem akademischen Bereich, der LGBTQAI+-Community und der Glaubens- wie Weltanschauungsgemeinschaften, wird die Bewerbungen auf der Grundlage der akademischen Leistungen, des Forschungspotenzials und der Übereinstimmung mit den Zielen des Programms bewerten.
Dauer:
Das Stipendium wird für einen Zeitraum von zwölf Monaten gewährt, mit der Möglichkeit einer Verlängerung je nach Fortschritt, Mitteln und Projektbedarf.
Advocacy-Komponente:
Die Stipendiat*innen werden ermutigt, ihre Forschungsergebnisse durch Konferenzen, Veröffentlichungen oder Initiativen zur Förderung des gesellschaftlichen Engagements weiterzugeben, um Henri Vogels Vermächtnis der Förderung des Bewusstseins und des positiven Wandels fortzuführen.
Unterstützung der Gemeinschaft:
Es werden Möglichkeiten zur Vernetzung, Mentor*innenschaft und Unterstützung im Rahmen des Programms Dialogperspektiven. Religionen und Weltanschauungen im Gespräch geboten.
Wirkung:
Das Henri-Vogel-Stipendium zur Stärkung von trans Stimmen in Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften möchte zu einer inklusiven, empathischen und verständnisvolleren Gesellschaft beitragen, indem es Forschungsvorhaben fördert, die sich mit den besonderen Erfahrungen von trans Personen innerhalb von Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften befassen, und damit Henri Vogels Engagement erinnern und weiterführen.
Über DialoguePerspectives:
DialoguePerspectives. Discussing Religions and Worldviews e.V. ist eine parteipolitisch und weltanschaulich unabhängige, europäische Plattform mit Sitz in Berlin.
Wir engagieren uns bildungspolitisch und zivilgesellschaftlich für die Stärkung von Vielfalt und Demokratie in Europa. Ziel ist es, zivilgesellschaftliche Programme zu entwickeln und impact-orientiert zu realisieren, die sich aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der europäischen Gesellschaft stellen. Unsere vielfältige Arbeit leistet einen entscheidenden Beitrag zur europäischen Verständigung, Zusammenarbeit und zur Gestaltung eines pluralen, demokratischen und solidarischen Europas sowie zur Verteidigung der europäischen Zivilgesellschaft.
Spenden
Sie können das Henri-Vogel-Stipendium mit ihrer Spende unterstützen. Dazu können Sie eine Überweisung mit dem Verwendungszweck „Henri-Vogel-Stipendium“ an folgende Bankverbindung tätigen:
BANK GLS Bank
IBAN DE88 4306 0967 1295 7619 00
BIC GENODEM1GLS
“Was für ein bereichernder Abend! Danke, dass ihr uns ins Theater eingeladen habt.”
Im November hat eine Gruppe von Dagesh-Netzwerkmitglieder gemeinsam das Theaterstück „Muttersprache Mameloschn“ im Maxim Gorki Theater Berlin angeschaut. In dem Theaterstück (Text von Netzwerkmitglied Sasha Marianna Salzmann) steht die Beziehung drei jüdischer Frauen – Tochter, Mutter und Großmutter – im Mittelpunkt. Im Stück werden unterschiedliche Strategien der Familienmitglieder im Umgang mit der eigenen jüdisch-deutschen Biografie inszeniert und reflektiert. Der Regisseur Hakan Savaş Mican zeigt die Komplexität der einzelnen Figuren mit viel Humor und Empathie. Sowohl das Team als auch die Netzwerkmitglieder waren sehr angetan von der Inszenierung!
„Sasha Marianna Salzmann erzählt mit großer »Chuzpe« eine Familiengeschichte zwischen Schmerz und Glück. Und die Geschichte einer erstaunlichen Desintegration, die die Kraft hat, Menschen sich und einander näher zu bringen.“ (Gorki)
Im Anschluss der Aufführung traf sich das Netzwerk zum informellen Austausch in der Theaterkantine. Die Schauspielerin und Dagesh-Netzwerkmitglied Alexandra Sinelnikova erzählte über den Probenprozess und ihre Erfahrung der Verkörperung der Figur der Tochter Rahel. Zudem wurden neue Dagesh-Mitglieder begrüßt, sich über zahlreiche laufende Kunstprojekte ausgetauscht und von einem Netzwerk-Mitglied ein Einblick in die neue Initiative „lost jew crew“ gegeben.
Wir danken allen Beteiligten für den schönen gemeinsamen Theaterabend, das Mitwirken und Mitdiskutieren und freuen uns auf die kommenden Netzwerktreffen im nächsten Jahr!
18.-19. Oktober 2024
Die CPPD und ihre Netzwerkmitglieder fordern eine Stärkung und nachhaltige Sicherung ihrer Arbeit für eine demokratische Plurale Erinnerungskultur.
Pluralität bleibt das Strukturprinzip unserer Gesellschaften – trotz eines Erstarkens der rechtsextremen und faschistischen AfD in Deutschland, trotz der Wahlerfolge rechter und rechtsextremer Kräfte in Europa, trotz andauernder Kriege und Gewaltkonflikte in der Ukraine, in Israel, Gaza und im Libanon. Mit ihren Aktivitäten und Veranstaltungsformaten schafft die CPPD einzigartige Räume des Pluralen, die Dialog zulassen und zu konkretem Handeln führen.
Um der Pluralität unserer Gesellschaften gerecht zu werden, bedarf es Ressourcen und Räume, die einerseits den themenspezifischen Austausch ermöglichen sowie Räume, die die Komplexitäten und Widersprüchlichkeiten von Perspektiven öffentlich sichtbar machen. Diese Räume sind herausfordernd und entstehen erst durch die Zuwendung zum Pluralen: Sie können dazu beitragen, die enge Verschränkung zwischen gegenwärtigem Handeln und der Zukunft unserer Gesellschaften in Kontext zu setzen, Polarisierungen zu verringern und Demokratie zu fördern.
Als einmaliges kollaboratives Netzwerk mit über 200 Partner*innen realisiert die CPPD künstlerische, zivilgesellschaftliche und bildungspolitische Konzepte für ein pluralistisches gesellschaftliches Erinnern. Hierzu gehören auch die Aktivitäten der Festivalreihe »Memory Matters«, die an sechs Standorten in Deutschland und Europa stattfand und am 18. und 19. Oktober 2024 in Berlin ihren Abschluss fand.
Bei der öffentlichen Veranstaltung „Wie weiter? – Gegenwart erinnern. Der 24. Februar, der 7. Oktober und der 9. Juni“ in Kooperation mit der Akademie der Künste kamen neben CPPD-Netzwerkmitgliedern mehr als 150 Interessierte aus der Zivilgesellschaft sowie ein erinnerungspolitisches Fachpublikum zusammen. Drei Panels zeigten die Singularitäten sowie die Gleichzeitigkeiten und Verschränkungen von Kriegen, rechter Gewalt und der Bedeutung von Pluralen Erinnerungskulturen auf.
Die Journalistin Olesya Yaremchuk, die Geschäftsführerin von OFEK e.V. Marina Chernivsky und der Aktivist und Geschäftsführer von Austausch e.V. Igor Mitchnik thematisierten die verheerenden Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit einem menschenzentrierten Fokus: Welche Auswirkungen hat der Krieg für Betroffene und Angehörige? Wie beeinflusst er Demokratien in Europa? Wie geht es – auch erinnerungspolitisch – weiter?
Die Journalistin und Ressortleiterin bei der taz Dinah Riese diskutierte mit Hanna Veiler, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, und Ahmad Dakhnous, Aktivist und politischer Referent, über den Krieg in Israel und Gaza, seine Bedeutung für Deutschland und Europa und welche Rolle eine Plurale Erinnerungskultur darin spielen kann. Das kontroverse und emotional geladene Panel schuf Raum für plurale Perspektiven und zeigte eindrücklich, wie ein respektvoller Umgang mit unterschiedlichen Positionen gelingen kann.
Peggy Piesche, Leiterin des Fachbereichs „Politische Bildung und plurale Demokratie“ bei der Bundeszentrale für Politische Bildung, und Kristina Lunz, Mit-Begründerin des Center for Feminist Foreign Policy, sprachen über die diesjährigen Europawahlen und die Konsequenzen von Polarisierungen für Deutschland und Europa. Sie konkretisierten Handlungsoptionen sowie die Rolle von Empathie, kollektiver Erinnerung und Zusammenarbeit für die Gestaltung unserer Demokratien. Diplomatin Anja Fahlenkamp betonte zum Abschluss, Intersektionalität als Schlüsselkonzept zu begreifen, um gegenwärtige Herausforderungen zu verstehen.
Im Rahmen des Abschlussfestivals „Memory Matters“ kamen über zwei Tage erinnerungs- und bildungspolitische Akteur*innen aus verschiedenen Institutionen, Organisationen und Initiativen sowie Mitglieder aus dem CPPD-Netzwerk zum Netzwerkpartner*innentreffen der CPPD zusammen. In zwei Arbeitssessions gingen die Teilnehmenden erinnerungsspezifischen Themen nach und erarbeiteten Grundlagen für die Entwicklung innovativer erinnerungspolitischer Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt, Inklusion und historischer Genauigkeit. Begleitet wurde das Netzwerkpartner*innentreffen, das einen einmaligen Raum für den Austausch zivilgesellschaftlicher Organisationen bot, durch die Expertise von Vatan Ukaj und Alexandra Perlowa aus dem Kollektiv „Wertansich(t)“.
Trotz der virulenten Krisen kommt unseren Gesellschaften ein inhärentes Gestaltungspotenzial zu – das zeigte das Abschlussfestival „Memory Matters“ der CPPD. Dafür müssen Räume geschaffen, gestärkt und nachhaltig gesichert werden, in denen ein pluraler Diskurs zu Erinnerungskultur möglich ist.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden und den zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und hoffen & freuen uns auf eine Fortsetzung unserer Arbeit 2025.
Wir freuen uns, die Dialogperspektiven Decade Edition 2024 „Reflecting on the Past, Envisioning the Future: European Core Conflicts in a Time of Polycrisis“ anzukündigen und laden alle zur Bewerbung ein!
As we celebrate a decade of dialogue and cooperation through the DialoguePerspectives programme, we find ourselves at a pivotal moment in Europe’s history. The current convergence of crises underscores the imperative for collective expertise, insights, and perspectives on charting a path forward rooted in concrete action and practical solidarity within a pluralistic society. It is now more evident than ever that the role of religious and worldview communities in European civil society has been significantly underestimated. The importance of programmes such as DialoguePerspectives has never been greater. Precisely such programmes, which take a multi-perspective approach to conflicts and work on policies with a focus on impact, must now finally be strengthened so that their influence on global contexts increases.
We are all familiar with the current polycrisis, the convergence of multiple crises across Europe presents a daunting and intricate challenge. Attacks from right-wing factions on justice and democracy jeopardise the fundamental principles underpinning European nations, necessitating unified efforts to uphold the rule of law and safeguard democratic institutions. The proliferation of misinformation and disinformation exacerbates these challenges, eroding trust in institutions and undermining informed decision-making processes. Societal upheavals, including the renegotiated role of religions and worldviews and the resurgence of ethno-nationalism, pose significant threats to social cohesion and stability. Moreover, the additional challenges stemming from the attacks of 7 October, the conflict in Gaza, Russia’s ongoing aggression in Ukraine, the military tensions between Israel and Iran, and the global climate crisis compound the urgency of the situation.
In today’s interconnected world, the cumulative consequences of these crises highlight the pressing need for resilience within European societies. Instead of uniting to address these challenges, we witness their perpetuation and exacerbation, with polarisation seemingly encouraged and societal cohesion increasingly strained. Tackling these issues entails fostering inclusive societies that embrace diversity and promote tolerance, while also addressing the underlying economic and social grievances that fuel extremist ideologies. Navigating this complex landscape necessitates both short-term measures to mitigate immediate threats and long-term strategies to address systemic issues. International cooperation and solidarity within European society are indispensable in confronting these challenges and safeguarding the principles of democracy, justice, and human rights.
In light of these challenges, we are delighted to announce our conference „Reflecting on the Past, Envisioning the Future: European Core Conflicts in a Time of Polycrisis“. This event provides a platform for our esteemed alumni to contribute their wealth of experience to shaping the future trajectory of Europe and our programme. The imperative for sustainable social change and European cooperation has never been greater. This includes fostering socially oriented, forward-looking interfaith and interreligious dialogue that transcends the boundaries of religion, belief, and nationality.
Format:
Over the years, the participation of our alumni has been instrumental in fostering understanding and catalysing change within our and your communities. Your expertise is vital in navigating these complexities. We invite you to join us in this crucial endeavour – to share your insights, engage in critical analysis and collaborate on innovative impact-oriented solutions. Through a series of interactive sessions, workshops and networking opportunities, participants will delve into the core conflicts shaping Europe’s identity and development. From historical legacies to contemporary challenges, together we will unravel the complexities of Europe’s polycrisis and chart a course towards a more inclusive, resilient, and prosperous future.
Date and location:
4 – 7 November 2024
Berlin, Germany
Costs:
Travel expenses up to 100 € (national) and 300 € (international) and hotel costs up to 70 € per person per night will be reimbursed.
Application details:
We invite you to take part in our “Reflecting the Past, Envisioning the Future: European Core Conflicts in a Time of Polycrisis” conference.
If you would like to participate, please register form here. The deadline for applications is 4 October 2024. Should you have any questions please contact us at: bewerbung@dialogperspektiven.de
We cannot wait to see you at our “Reflecting the Past, Envisioning the Future: European Core Conflicts in a Time of Polycrisis” conference and look forward to your application.
Plurale Räume können einen offenen, kritischen und respektvollen Umgang mit den schmerzlichsten Ereignissen ermöglichen und gemeinsames, solidarisches Erinnern stärken. Das ist eine wichtige Einsicht nach der Veranstaltung der Coalition for Pluralistic Public Discourse in Kooperation mit RomaTrial e.V. anlässlich des ersten Jahrestages des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem andauernden Krieg im Nahen Osten.
Um einen konstruktiven und pluralen Umgang mit dem 7. Oktober und dem andauernden Krieg zu ermöglichen, bedarf es
Im Rahmen der Veranstaltung wurde Trauer als fundamentale menschliche Emotion in vier Panels und in ihrer Vielschichtigkeit und Multidimensionalität betrachtet, die ihr einzigartiges Spannungsverhältnis ausmacht: als kulturelles Phänomen, das kollektives Erinnern, Gedächtnis und Identitäten prägt, und in ihrer individuellen, persönlichen Dimension.
In den von Hannan Salamat und Zsófia Bihari moderierten Gesprächen mit Shai Hoffmann und Ahmad Dakhnous, Furkan Yüksel und Samuel Stern, Atalya Laufer und Ariel Reichman sowie Hadja Harouna-Oelker und Max Czollek wurden kulturelle, psychologische und soziale Aspekte von Trauer und deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum reflektiert: Kann Trauer als fundamentale menschliche Emotion angesichts von Krieg und Konflikt eine vereinende Wirkung haben? Ist das Recht auf Trauer für alle gleich? Wie begegnen wir den Ungleichheiten in der Wahrnehmung und Sichtbarkeit von Trauer? Welche konkrete Verantwortung liegt bei den vielen nicht unmittelbar Betroffenen in den Diskursen um Trauer und Krieg?
Die Veranstaltung im Grünen Salon der Volksbühne war schon frühzeitig ausverkauft. Sie ermöglichte Gespräche dort, wo Dialoge unmöglich erscheinen. Mit der Veranstaltung gelang es der CPPD, einen empathischen und offenen Raum der konstruktiven Auseinandersetzung und des kritischen Austauschs zu schaffen, der sich den komplexen Themen um Trauer und den 7. Oktober 2023 widmete. So konnte eine Form der Erinnerung gestärkt werden, die gleichzeitig eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den aktuellen Gewaltgeschehnissen bedeutet und Perspektiven für ein solidarisches und plurales Erinnern aufzeigt.
Die nächsten öffentlichen Veranstaltungen der CPPD finden im Oktober 2024 im Rahmen des Abschlussfestivals Memory Matters der CPPD in Berlin statt: Beim Barcamp am 18. Oktober kommen Institutionen, Organisationen und Akteur*innen mit vielfältigen Arbeitsschwerpunkten innerhalb des erinnerungspolitischen und -kulturellen Felds zusammen, um Synergien zwischen Themen, Ressourcen und Projekten zu schaffen.
Am 19. Oktober findet die Abschlussveranstaltung der CPPD in der Akademie der Künste unter dem Titel „Wie weiter? Gegenwart Erinnern. Der 24. Februar, der 7. Oktober & der 9. Juni“ statt.
Hier geht es zur Anmeldung!
Eine zentrale Herausforderung der Gegenwart liegt in der Etablierung erfolgreicher Praktiken des Widerstands und der Immunisierung gegenüber rechtspopulistischen und rechtsextremen Bewegungen. In diesem Prozess kann eine Plurale Erinnerungskultur bedeutend mitwirken.
In Zeiten eines europaweiten Rechtsrucks und mit Blick auf die Wahlergebnisse der jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen bedarf es Räume des Austauschs sowie partizipationsfördernde Angebote, um eine demokratische und differenzierte Erinnerungskultur zu etablieren.
Die Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD) erarbeitet seit 2021 als kollaboratives Netzwerk von über 200 Partner*innen künstlerische, zivilgesellschaftliche und bildungspolitische Konzepte für ein pluralistisches gesellschaftliches Erinnern. Hierzu gehört die Festivalreihe »Memory Matters«.
Vor dem Hintergrund eines Erstarkens demokratiefeindlicher Bewegungen deutschlandweit, jedoch auch in Dresden und Sachsen in den letzten zehn Jahren durch Pegida und die sogenannten Montagsspaziergänge, zeigte die CPPD am 22. September 2024 mit dem Festival »Memory Matters« gemeinsam mit „Faiths in Tune“, dem Ausländerrat Dresden sowie dem Staatsschauspiel Dresden neue Wege im Erinnern auf.
Der Schwerpunkt der Veranstaltungen bewegte sich an der Schnittstelle von Erinnerungskultur und Widerstand: Welche Widerstände muss Erinnerungskultur aushalten können? Wie können Erinnerungspraktiken in Ostdeutschland auch als Widerstandspraktiken begriffen werden? Welche Rolle kann eine widerständige Erinnerungskultur in Zeiten eines europaweit zu verzeichnenden rechten Backlashs einnehmen?
Die Autorin Anne Rabe belegte im Rahmen des Festivals die fehlende Aufarbeitung der DDR-Geschichte anhand spezifischer Generationen und deren Orientierungslosigkeit in einer Gesellschaft mit neuen Werte- und Handlungsoptionen. Die Historikerin Sarah Grandke wies darauf hin, dass auch die Opfer des SED-Regimes einen würdigen Raum in der Gesellschaft erhalten müssen, der durch ein offenes Sprechen über persönliche Erfahrungen unterstützt werden kann. Nur so könne anhaltendes Schweigen durchbrochen werden. Auch in den von der Journalistin Andrea Hanna Hünnigerverlesenen Essays wurden Widerstände gegen die Wiedervereinigung durch Schweigen thematisiert. Multidirektionale Bezüge zum Thema wurden über Kelly Laubinger, Vorsitzende der Bundesvereinigung der Sinti und Roma, und Dan Thy Nguyen, Regisseur, Schauspieler und Essayist hergestellt. Sie betonten stets die Bedeutsamkeit der Förderung einer pluralen Erinnerungskultur auf dem gesamten Bundesgebiet. Moderiert wurde von CPPD-Mitglied Anja Fahlenkamp. Ein partizipativer Stadtspaziergang durch Dresden mit Schwerpunkten auf Diskriminierung und Asyl sowie ein Workshop im Montagscafé des Staatsschauspiels Dresden für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung ermöglichten zusätzlich die Auseinandersetzung mit Widerständigkeiten in der Erinnerung.
Für eine reflektierte Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Entwicklungen und der Rolle der Erinnerungskultur in diesen Zusammenhängen sind Austauschformate und Partizipationsräume dringend notwendig. Räume des Austauschs werden auch in Zukunft für die Weiterentwicklung unserer hiesigen Erinnerungskulturen benötigt. Die Veranstaltung in Dortmund war Teil der Festivalreihe »Memory Matters« der CPPD, die 2024 in vier deutschen und zwei europäischen Städten mit Veranstaltungen, Workshops, künstlerischen Positionen und Diskussionen realisiert wird.
Am 19. Oktober 2024 findet die Abschlussveranstaltung von »Memory Matters« in Berlin zum Thema „Wie weiter? Gegenwart erinnern: Der 24. Februar, der 7. Oktober und der 9. Juni“ statt.
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